Hören: Ein Indem
Listening: „Ein Indem“
Author(s) / Creator(s)
Grootaers, Frank G.
Abstract / Description
Der vorliegende Essay dokumentiert anhand einer einfallenden Alltagsepisode in einem Fallbeispiel die Komplexität eines „antwortenden Hinhörens“. Der Kontext ist eine exploratorische musiktherapeutische Beratung. Nachdem es in der vorigen Sitzung um die Auslegung der gemeinsamen musikalischen Produktion ging, geht es in dieser dritten Sitzung um das Studium einer einfallenden Alltagsepisode und deren wirkungsanalytische Interpretation. Aus der Komplexität dieses Geschehens werden zwei wichtige Aspekte herausgestellt: das „antwortende Hinhören“ und die „Zweieinheit-Gestaltbrechung“. Die Situation zu zweit geht weit über ein Ich-Du hinaus und lässt sich nicht angemessen mit einem Sender-Empfänger-Schema erfassen. Das „antwortende Hinhören“ (Waldenfels) wird vielmehr bestimmt von einer Polymorphie (mehreren seelischen Ordnungen), einer Polychronie (mehreren Zeiten) und einer Polytopie (verschiedenen Orten und Schauplätzen) in bzw. an denen sich beide Gesprächspartner zugleich befinden. In der untrennbaren „Zweieinheit-Gestaltbrechung“ (Salber) bleibt zugleich aber die Differenz der beiden Hier-Orte aufrecht erhalten. Das stattfindende Erzählen und antwortende Hinhören lässt sich somit als ein „Indem“ begreifen. Das antwortende Interpretieren entwickelt, indem es einen „Ablauf zulässt“, eine „allmähliche Verfertigung“ (Kleist) mehrerer miteinander im Widerstreit liegender seelischer Ordnungen. Die Allmählichkeit arbeitet auf der Seite des einfallenden Denkens bei beiden Parteien. Es ist dies eine Strategie der Epoché – der Zurückhaltung eines verfrühten Schon-zu-wissen-Meinens; eine solche Beratung nimmt die jeweils konkrete Lebensweise eines Menschen in den Blick und studiert den Bezug zwischen den darin sich tummelnden seelischen Ordnungen (Konstruktion im Ganzen). Die sich allmählich verfertigende Interpretationsrichtung nimmt ihren Ansatz sowohl im Sagen als auch im Gesagten (Text). Sie hält Abstand zu Krankheitslehren und steht im Kontext einer eigens bezahlten Beratung.
The following essay documents the complexity of responsive listening (“antwortendes Hinhören”/Waldenfels), by means of an incidentally occurring everyday episode in a case study. The context is exploratory music therapy counseling. After the previous session concerning the construction of a collective musical production, this third session is concerned with the study of an incidentally occurring everyday episode and the interpretation of analytical cause and effect. Drawing from the complexity of this event, two important aspects become apparent: responsive listening and “Zweieinheit-Gestaltbrechung”. The one-onone situation goes far beyond a “you and I” and cannot be adequately captured in terms of a sender-receiver schema. Responsive listening is determined much more from a “Polymorphie” (numerous psychological domains), “Polychronie” (numerous times) and a “Polytopie” (different places and settings), in which both sides simultaneously find themselves. In the inseparable “Zweieinheit-Gestaltbrechung” (Salber), however, the difference between both experiences of “here” is sustained. The resulting verbal disclosures and responsive listening can thus be understood as an “Indem”. Responsive interpreting develops, with process openness (Ablauf zulassen) and gradual construction (“allmähliche Verfertigung”/Kleist) of numerous interconnected antagonistic psychological domains. Eventuality results from incidental thoughts of both parties. This is a strategy of “Epoché” – a holding off and recovery from a premature already-know-what-is-meant attitude. Such counseling takes notice of a person’s present and specific way of living and studies the relationship between turbulent psychological domains (construction in its entirety). The ultimately completed interpretative direction is applied in speaking as well as in that which has been spoken (Text). This stands in contrast to pathology theory and is within the context of self-financed counseling.
Persistent Identifier
Date of first publication
2012
Is part of
Schirmer, H. (Ed.). (2012). Jahrbuch Musiktherapie (Band 8). Reichert Verlag.
Is part of series
Jahrbuch Musiktherapie
Music Therapy Annual
Page numbers
99-119
Publisher
Reichert Verlag
Is version of
Citation
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9783752001907_006.pdfAdobe PDF - 477.84KBMD5: 22bbc4729ba5f79431f7318dabe80095
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Author(s) / Creator(s)Grootaers, Frank G.
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PsychArchives acquisition timestamp2022-05-20T11:43:19Z
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Made available on2022-05-20T11:43:19Z
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Date of first publication2012
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Abstract / DescriptionDer vorliegende Essay dokumentiert anhand einer einfallenden Alltagsepisode in einem Fallbeispiel die Komplexität eines „antwortenden Hinhörens“. Der Kontext ist eine exploratorische musiktherapeutische Beratung. Nachdem es in der vorigen Sitzung um die Auslegung der gemeinsamen musikalischen Produktion ging, geht es in dieser dritten Sitzung um das Studium einer einfallenden Alltagsepisode und deren wirkungsanalytische Interpretation. Aus der Komplexität dieses Geschehens werden zwei wichtige Aspekte herausgestellt: das „antwortende Hinhören“ und die „Zweieinheit-Gestaltbrechung“. Die Situation zu zweit geht weit über ein Ich-Du hinaus und lässt sich nicht angemessen mit einem Sender-Empfänger-Schema erfassen. Das „antwortende Hinhören“ (Waldenfels) wird vielmehr bestimmt von einer Polymorphie (mehreren seelischen Ordnungen), einer Polychronie (mehreren Zeiten) und einer Polytopie (verschiedenen Orten und Schauplätzen) in bzw. an denen sich beide Gesprächspartner zugleich befinden. In der untrennbaren „Zweieinheit-Gestaltbrechung“ (Salber) bleibt zugleich aber die Differenz der beiden Hier-Orte aufrecht erhalten. Das stattfindende Erzählen und antwortende Hinhören lässt sich somit als ein „Indem“ begreifen. Das antwortende Interpretieren entwickelt, indem es einen „Ablauf zulässt“, eine „allmähliche Verfertigung“ (Kleist) mehrerer miteinander im Widerstreit liegender seelischer Ordnungen. Die Allmählichkeit arbeitet auf der Seite des einfallenden Denkens bei beiden Parteien. Es ist dies eine Strategie der Epoché – der Zurückhaltung eines verfrühten Schon-zu-wissen-Meinens; eine solche Beratung nimmt die jeweils konkrete Lebensweise eines Menschen in den Blick und studiert den Bezug zwischen den darin sich tummelnden seelischen Ordnungen (Konstruktion im Ganzen). Die sich allmählich verfertigende Interpretationsrichtung nimmt ihren Ansatz sowohl im Sagen als auch im Gesagten (Text). Sie hält Abstand zu Krankheitslehren und steht im Kontext einer eigens bezahlten Beratung.de_DE
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Abstract / DescriptionThe following essay documents the complexity of responsive listening (“antwortendes Hinhören”/Waldenfels), by means of an incidentally occurring everyday episode in a case study. The context is exploratory music therapy counseling. After the previous session concerning the construction of a collective musical production, this third session is concerned with the study of an incidentally occurring everyday episode and the interpretation of analytical cause and effect. Drawing from the complexity of this event, two important aspects become apparent: responsive listening and “Zweieinheit-Gestaltbrechung”. The one-onone situation goes far beyond a “you and I” and cannot be adequately captured in terms of a sender-receiver schema. Responsive listening is determined much more from a “Polymorphie” (numerous psychological domains), “Polychronie” (numerous times) and a “Polytopie” (different places and settings), in which both sides simultaneously find themselves. In the inseparable “Zweieinheit-Gestaltbrechung” (Salber), however, the difference between both experiences of “here” is sustained. The resulting verbal disclosures and responsive listening can thus be understood as an “Indem”. Responsive interpreting develops, with process openness (Ablauf zulassen) and gradual construction (“allmähliche Verfertigung”/Kleist) of numerous interconnected antagonistic psychological domains. Eventuality results from incidental thoughts of both parties. This is a strategy of “Epoché” – a holding off and recovery from a premature already-know-what-is-meant attitude. Such counseling takes notice of a person’s present and specific way of living and studies the relationship between turbulent psychological domains (construction in its entirety). The ultimately completed interpretative direction is applied in speaking as well as in that which has been spoken (Text). This stands in contrast to pathology theory and is within the context of self-financed counseling.en
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Publication statuspublishedVersion
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Review statuspeerReviewed
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ISBN9783895009310
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Persistent Identifierhttps://hdl.handle.net/20.500.12034/6131
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Persistent Identifierhttps://doi.org/10.23668/psycharchives.6817
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Language of contentdeu
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PublisherReichert Verlag
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Is part ofSchirmer, H. (Ed.). (2012). Jahrbuch Musiktherapie (Band 8). Reichert Verlag.
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Is part of seriesJahrbuch Musiktherapiede_DE
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Is part of seriesMusic Therapy Annualen
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Is version ofhttps://doi.org/10.29091/9783752001907/006
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Is related tohttps://doi.org/10.23668/psycharchives.6691
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Dewey Decimal Classification number(s)150
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TitleHören: Ein Indemde_DE
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Alternative titleListening: „Ein Indem“en
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DRO typebookPart
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Page numbers99-119
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Visible tag(s)Version of Record