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Der psychologische Versuch in der Psychiatrie: Was wurde aus Kraepelins (1895) Programm?

Author(s) / Creator(s)

Hildebrandt, Helmut

Abstract / Description

In einem programmatischen Aufsatz aus dem Jahre 1895 formulierte Emil Kraepelin erstmalig das Ziel und die Methoden für eine experimentelle Psychopathologie. Die Inhalte dieses Programms lassen sich in drei Kernaussagen zusammenfassen: (1) Alltagspsychologische Klassifikationen liefern keinen hinreichenden Rahmen für die psychologische Analyse psychopathologischer Phänomene. (2) Die Psychopathologie muss von der intentionalen Ebene auf die Ebene der funktionellen Erklärung vordringen. (3) Künstlich herbeigeführte exogene Psychosen haben eine wichtige Funktion für die Analyse der endogenen Psychosen. Den Hintergrund für Kraepelins Programm bildete nicht nur das neu entstandene Methodenarsenal der experimentellen Psychologie, sondern auch die mit diesen Methoden eng verflochtene Theorie der Apperzeption von W. Wundt. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg stand Kraepelins Programm auf dem Höhepunkt seines Erfolgs. Allerdings hatten Entwicklungen in der Medizin und der Psychologie gleichzeitig bereits wesentliche, ursprüngliche Momente des Programms unterhöhlt. Nach Kraepelins Tod (1926) wurde von den meisten zeitgenössischen Psychiatern mehr oder weniger Unverständnis darüber geäußert, warum dieser als Schöpfer des weltweit gültigen psychiatrischen Klassifikationssystems sich in der hohen Wertschätzung der experimentellen Psychopathologie so habe täuschen können. Die Prozesse, die zu dieser veränderten Einschätzung führten, werden abschließend analysiert und in ein theorie- und sozialgeschichtliches Umfeld gestellt.

Persistent Identifier

Date of first publication

1993

Journal title

Psychologie und Geschichte

Volume

5

Issue

1/2

Publisher

Verlag C. W. Leske + Budrich GmbH

Publication status

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Review status

peerReviewed

Citation

  • Author(s) / Creator(s)
    Hildebrandt, Helmut
  • PsychArchives acquisition timestamp
    2017-06-14T09:15:12Z
  • Made available on
    2017-06-14T09:15:12Z
  • Date of first publication
    1993
  • Abstract / Description
    In einem programmatischen Aufsatz aus dem Jahre 1895 formulierte Emil Kraepelin erstmalig das Ziel und die Methoden für eine experimentelle Psychopathologie. Die Inhalte dieses Programms lassen sich in drei Kernaussagen zusammenfassen: (1) Alltagspsychologische Klassifikationen liefern keinen hinreichenden Rahmen für die psychologische Analyse psychopathologischer Phänomene. (2) Die Psychopathologie muss von der intentionalen Ebene auf die Ebene der funktionellen Erklärung vordringen. (3) Künstlich herbeigeführte exogene Psychosen haben eine wichtige Funktion für die Analyse der endogenen Psychosen. Den Hintergrund für Kraepelins Programm bildete nicht nur das neu entstandene Methodenarsenal der experimentellen Psychologie, sondern auch die mit diesen Methoden eng verflochtene Theorie der Apperzeption von W. Wundt. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg stand Kraepelins Programm auf dem Höhepunkt seines Erfolgs. Allerdings hatten Entwicklungen in der Medizin und der Psychologie gleichzeitig bereits wesentliche, ursprüngliche Momente des Programms unterhöhlt. Nach Kraepelins Tod (1926) wurde von den meisten zeitgenössischen Psychiatern mehr oder weniger Unverständnis darüber geäußert, warum dieser als Schöpfer des weltweit gültigen psychiatrischen Klassifikationssystems sich in der hohen Wertschätzung der experimentellen Psychopathologie so habe täuschen können. Die Prozesse, die zu dieser veränderten Einschätzung führten, werden abschließend analysiert und in ein theorie- und sozialgeschichtliches Umfeld gestellt.
    de_DE
  • Publication status
    publishedVersion
  • Review status
    peerReviewed
  • ISSN
    0935-0179
  • Persistent Identifier
    https://hdl.handle.net/20.500.12034/101
  • Persistent Identifier
    https://doi.org/10.23668/psycharchives.456
  • Language of content
    deu
  • Publisher
    Verlag C. W. Leske + Budrich GmbH
    de_DE
  • Is part of series
    Psychologie und Geschichte
  • Title
    Der psychologische Versuch in der Psychiatrie: Was wurde aus Kraepelins (1895) Programm?
  • DRO type
    article
  • DFK number from PSYNDEX
    0083136
  • Issue
    1/2
  • Journal title
    Psychologie und Geschichte
  • Volume
    5
  • Visible tag(s)
    Version of Record