Nonverbale Synchronie und Musik-Erleben im klassischen Konzert
Non-Verbal Synchrony and Musical Experience in Classical Concerts
Author(s) / Creator(s)
Seibert, Christoph
Greb, Fabian
Tschacher, Wolfgang
Abstract / Description
Die Praxis der Musikrezeption im Rahmen klassischer Konzerte ist von restriktiven Verhaltenskonventionen geprägt. Aktuelle kognitionswissenschaftliche und philosophische Ansätze, welche Musik-Erleben als verkörpert oder als über mehrere Individuen verteilt konzeptualisieren, scheinen daher für die Erklärung des Musik-Erlebens in klassischen Konzerten weniger geeignet. Vor diesem Hintergrund untersuchte die vorliegende explorative Studie das Auftreten koordinierter Körperbewegungen als nonverbale Synchronie im Rahmen eines klassischen Konzertes und den Zusammenhang zwischen den Synchronien innerhalb des Publikums und Aspekten des subjektiven Musik-Erlebens. Im Rahmen eines Forschungskonzerts wurden 22 Teilnehmern verschiedene Kammermusikwerke präsentiert, sowie dabei Selbstauskünfte zu Aspekten des Musik-Erlebens erhoben und Körperbewegungen mit drei stationären Kameras erfasst. Non-verbale Synchronie, als Indikator für koordinierte Körperbewegungen, wurde über die Korrelation von Bewegungsenergie-Zeitreihen ermittelt. Die Bewegungsenergie wurde als Anzahl der sich ändernden Pixel aufeinanderfolgender Frames operationalisiert. Es zeigte sich stark ausgeprägte Synchronie zwischen den Musikern sowie eine Synchronie kleiner bis mittlerer Effektstärke innerhalb des Publikums. Zwischen den Musikern und dem Publikum konnte hingegen keine Synchronie festgestellt werden. In Bezug auf das Verhältnis von Synchronie innerhalb des Publikums und dem subjektiven Musik-Erleben zeigten sich signifikante negative Zusammenhänge zwischen dem Gefühl der Verbundenheit mit den Musikern, dem Grad der Absorption und der Synchronisierung innerhalb des Publikums. Dies lässt sich dahingehend interpretieren, dass bei einem stärkeren Fokus der Aufmerksamkeit und des Erlebens auf das Bühnengeschehen die Synchronisierung mit den anderen Mitgliedern des Publikums abnimmt. Die Ergebnisse dieser Studie stehen im Einklang mit Theorien zum verkörperten Musik-Erleben, sie stützen jedoch Ansätze nicht, die darunter die Nachahmung der klangproduzierenden Bewegungen der Musiker verstehen. Ebenso stehen die Befunde nicht in Einklang mit Ansätzen zum verteilten Musik-Erleben. Abschließend werden die Ergebnisse hinsichtlich ihrer musikpraktischen Relevanz bezüglich einer Diversifizierung klassischer Konzerte diskutiert.
Bodily movements and communication are not part of the accepted behavioral practice in classical concerts and therefore are avoided or suppressed by audience members. In this regard, recent approaches in cognitive science and aesthetics that conceptualize musical experience as embodied or distributed among several agents do not seem to be appropriate for the description of musical experience within classical concerts. Against this background we investigated whether coordinated bodily movements do occur in classical concerts within the audience and between audience members and musicians. Furthermore, we explored potential associations between non-verbal synchronies and various aspects of musical experience. We conducted a research concert with diverse pieces of chamber music being presented to 22 participants. After each piece, the participants filled out a questionnaire covering several aspects of their concert experience (liking of the piece and the interpretation, familiarity, feelings of connectedness to the musicians and co-listeners, absorption, impulse to move). Stage and audience were recorded with three stationary video-cameras. As an indicator for coordinated bodily movements, we measured nonverbal synchrony as correlations of motion energy time series. Motion energy was operationalized as amount of pixel-changes in consecutive frames of the video-signal. This method allowed us to investigate non-verbal synchronies among the musicians, within the audience and between audience and musicians. We found strong synchronization between musicians and small to medium synchronization within the audience. No synchronization was found between musicians and the audience. With regard to the relation of non-verbal synchrony and aspects of musical-experience, the association of individual synchronization with absorption and the feeling of being connected to the musicians was significantly negative. Consequently, a focus on the music performance might be interpreted as inhibiting the synchronization with co-listeners. Our findings are consistent with theories of embodied musical experience. However, they do not bolster varieties of embodied simulation theory, which assume a mimesis of sound producing actions. Furthermore, our results do not support the idea of musical experience being distributed among several agents when jointly listening to music in concert. This explorative study offers ways to empirically investigate embodied and distributed approaches to musical experience in a live concert setting. In the light of recent attempts to diversify classical concert experience, also by delivering potentials of interaction and bodily movement, it is also of relevance for musical practice.
Keyword(s)
nonverbale Synchronie Bewegungsenergie verkörpertes Musik-Erleben verteiltes Musik-Erleben Konzertforschung non-verbal synchrony motion energy embodied musical experiencing distributed musical experiencing concert researchPersistent Identifier
Date of first publication
2019-01-25
Journal title
Jahrbuch Musikpsychologie
Volume
28
Article number
Article e18
Publisher
PsychOpen GOLD
Publication status
publishedVersion
Review status
peerReviewed
Is version of
Citation
Seibert, C., Greb, F., & Tschacher, W. (2019). Nonverbale Synchronie und Musik-Erleben im klassischen Konzert. Jahrbuch Musikpsychologie, 28, Article e18. https://doi.org/10.5964/jbdgm.2018v28.18
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Author(s) / Creator(s)Seibert, Christoph
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Author(s) / Creator(s)Greb, Fabian
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Author(s) / Creator(s)Tschacher, Wolfgang
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PsychArchives acquisition timestamp2022-04-14T11:21:06Z
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Made available on2022-04-14T11:21:06Z
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Date of first publication2019-01-25
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Abstract / DescriptionDie Praxis der Musikrezeption im Rahmen klassischer Konzerte ist von restriktiven Verhaltenskonventionen geprägt. Aktuelle kognitionswissenschaftliche und philosophische Ansätze, welche Musik-Erleben als verkörpert oder als über mehrere Individuen verteilt konzeptualisieren, scheinen daher für die Erklärung des Musik-Erlebens in klassischen Konzerten weniger geeignet. Vor diesem Hintergrund untersuchte die vorliegende explorative Studie das Auftreten koordinierter Körperbewegungen als nonverbale Synchronie im Rahmen eines klassischen Konzertes und den Zusammenhang zwischen den Synchronien innerhalb des Publikums und Aspekten des subjektiven Musik-Erlebens. Im Rahmen eines Forschungskonzerts wurden 22 Teilnehmern verschiedene Kammermusikwerke präsentiert, sowie dabei Selbstauskünfte zu Aspekten des Musik-Erlebens erhoben und Körperbewegungen mit drei stationären Kameras erfasst. Non-verbale Synchronie, als Indikator für koordinierte Körperbewegungen, wurde über die Korrelation von Bewegungsenergie-Zeitreihen ermittelt. Die Bewegungsenergie wurde als Anzahl der sich ändernden Pixel aufeinanderfolgender Frames operationalisiert. Es zeigte sich stark ausgeprägte Synchronie zwischen den Musikern sowie eine Synchronie kleiner bis mittlerer Effektstärke innerhalb des Publikums. Zwischen den Musikern und dem Publikum konnte hingegen keine Synchronie festgestellt werden. In Bezug auf das Verhältnis von Synchronie innerhalb des Publikums und dem subjektiven Musik-Erleben zeigten sich signifikante negative Zusammenhänge zwischen dem Gefühl der Verbundenheit mit den Musikern, dem Grad der Absorption und der Synchronisierung innerhalb des Publikums. Dies lässt sich dahingehend interpretieren, dass bei einem stärkeren Fokus der Aufmerksamkeit und des Erlebens auf das Bühnengeschehen die Synchronisierung mit den anderen Mitgliedern des Publikums abnimmt. Die Ergebnisse dieser Studie stehen im Einklang mit Theorien zum verkörperten Musik-Erleben, sie stützen jedoch Ansätze nicht, die darunter die Nachahmung der klangproduzierenden Bewegungen der Musiker verstehen. Ebenso stehen die Befunde nicht in Einklang mit Ansätzen zum verteilten Musik-Erleben. Abschließend werden die Ergebnisse hinsichtlich ihrer musikpraktischen Relevanz bezüglich einer Diversifizierung klassischer Konzerte diskutiert.de_DE
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Abstract / DescriptionBodily movements and communication are not part of the accepted behavioral practice in classical concerts and therefore are avoided or suppressed by audience members. In this regard, recent approaches in cognitive science and aesthetics that conceptualize musical experience as embodied or distributed among several agents do not seem to be appropriate for the description of musical experience within classical concerts. Against this background we investigated whether coordinated bodily movements do occur in classical concerts within the audience and between audience members and musicians. Furthermore, we explored potential associations between non-verbal synchronies and various aspects of musical experience. We conducted a research concert with diverse pieces of chamber music being presented to 22 participants. After each piece, the participants filled out a questionnaire covering several aspects of their concert experience (liking of the piece and the interpretation, familiarity, feelings of connectedness to the musicians and co-listeners, absorption, impulse to move). Stage and audience were recorded with three stationary video-cameras. As an indicator for coordinated bodily movements, we measured nonverbal synchrony as correlations of motion energy time series. Motion energy was operationalized as amount of pixel-changes in consecutive frames of the video-signal. This method allowed us to investigate non-verbal synchronies among the musicians, within the audience and between audience and musicians. We found strong synchronization between musicians and small to medium synchronization within the audience. No synchronization was found between musicians and the audience. With regard to the relation of non-verbal synchrony and aspects of musical-experience, the association of individual synchronization with absorption and the feeling of being connected to the musicians was significantly negative. Consequently, a focus on the music performance might be interpreted as inhibiting the synchronization with co-listeners. Our findings are consistent with theories of embodied musical experience. However, they do not bolster varieties of embodied simulation theory, which assume a mimesis of sound producing actions. Furthermore, our results do not support the idea of musical experience being distributed among several agents when jointly listening to music in concert. This explorative study offers ways to empirically investigate embodied and distributed approaches to musical experience in a live concert setting. In the light of recent attempts to diversify classical concert experience, also by delivering potentials of interaction and bodily movement, it is also of relevance for musical practice.en_US
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Publication statuspublishedVersion
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Review statuspeerReviewed
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CitationSeibert, C., Greb, F., & Tschacher, W. (2019). Nonverbale Synchronie und Musik-Erleben im klassischen Konzert. Jahrbuch Musikpsychologie, 28, Article e18. https://doi.org/10.5964/jbdgm.2018v28.18de_DE
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ISSN2569-5665
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Persistent Identifierhttps://hdl.handle.net/20.500.12034/5408
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Persistent Identifierhttps://doi.org/10.23668/psycharchives.6012
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Language of contentdeu
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PublisherPsychOpen GOLD
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Is version ofhttps://doi.org/10.5964/jbdgm.2018v28.18
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Is related tohttps://doi.org/10.23668/psycharchives.2355
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Keyword(s)nonverbale Synchroniede_DE
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Dewey Decimal Classification number(s)150
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Alternative titleNon-Verbal Synchrony and Musical Experience in Classical Concertsen_US
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Article numberArticle e18
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Journal titleJahrbuch Musikpsychologie
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Volume28
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